Niemand hatte geahnt, welche dramatische Aktualität das Tagungsthema des 3. Christlich-Jüdischen Schulforums bekommen würde. Die Situation in Israel nach dem Terrorangriff der Hamas und die Entwicklungen in Gaza hatten Konsequenzen für die Gestaltung der Tagung. Als ganztätige Fortbildung sollte sie mit einer Teilnahme am Schabbat-Gottesdienst in der Jüdischen Gemeinde in Münster stattfinden, wurde dann aber auf Grund von sicherheitspolitischen Bedenken online durchgeführt.
Im Zentrum der dreistündigen Fortbildung, an der über 40 Lehrkräfte teilnahmen, stand der Beitrag des Hauptreferenten Ilan Mor, der aus Tel Aviv zugeschaltet war. Ilan Mors Eltern stammten aus Rumänien und Polen und haben den Holocaust überlebt; zahlreiche ihrer Verwandten starben in Auschwitz. 1983 begann Mor im diplomatischen Dienst für Israel. Dazu gehörten Stationen in Monrovia, Los Angeles und Peking. Er war von 2004 bis 2009 als Gesandter in der israelischen Botschaft in Berlin tätig, davor von 1992 bis 1996 auch in der israelischen Botschaft in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. In diesen Zeiten hatte er sich immer wieder durch sein Engagement über differenzierte Bilder Israels in Schulbüchern und die Organisation von Begegnungsprogrammen für Schüler*innen hervorgetan. Vor seinem Ruhestand wurde er 2011 als Botschafter nach Budapest entsandt, wo heute die größte jüdische Gemeinde Mittel- und Osteuropas lebt. Um den gegenwärtigen nationalistischen und antisemitischen Strömungen in Ungarn entgegenzuwirken, unterstützte Mor die Katholische Péter-Pázmány-Universität bei der Einrichtung eines Studium Generale zum Holocaust. Letzte Station als Botschafter war bis Ende 2022 Kroatien.
Ilan Mor berichtete zunächst über die furchtbaren Ereignisse des 7. Oktober 2023, und wie der Terrorangriff seitens der Hamas das Land veränderte. Des Weiteren ging er auf die innenpolitischen Veränderungen in Israel selbst ein und die große und starke Demokratiebewegung gegen die Verfassungsreform. Er bat nachdrücklich und gerade in dieser Zeit um den Einsatz gegen Antisemitismus in Deutschland, Zivilcourage im Schutz von jüdischen Gemeinden und Synagogen, vor allem auch um die Abschaffung einseitiger Bilder von Israel in Schulbüchern – die das Land ausschließlich im Nahost-Konflikt wahrnehmen.
Der zweite Teil der Fortbildung widmete sich der Frage: Wie können bzw. sollen wir nach dem 7. Oktober über Israel in der Schule sprechen? Die Teilnehmenden tauschten sich über ihre Erfahrungen aus und stellten Beispiele aus der unterrichtlichen Praxis vor. Gerda E. H. Koch, Marco Sorg und Ursula August brachten weitere Impulse für die Bearbeitung des Themas „Nahost“ sowie Anregungen für die Behandlung des Themas Antisemitismus im Unterricht der verschiedenen Schulformen sowie Hinweise auf Curricula zur Holocaust-Education ein.
Die Teilnehmenden hatten zuvor ein umfangreiches Materialpaket bekommen. In der abschließenden Feedbackrunde baten die Teilnehmenden das Thema Antisemitismus und insbesondere den Israel-bezogenen Antisemitismus in weiteren Fortbildungsangeboten zu behandeln. Darüber hinaus wurde der Wunsch nach Informationen über interreligiöse Antisemitismusarbeit und interreligiöses Friedenshandeln deutlich.
Ursula August (PI), Gerda E.H. Koch (GEE), Holm Schüler (GEE) und Marco Sorg (PI)