Unter dem Titel „Fakes – Facts – Faith“ – mit Verschwörungstheorien im Religionsunterricht umgehen fand am 20. bis 21.02.2025 zum ersten Mal eine Jahrestagung des Pädagogischen Instituts für Evangelische Religionslehre in der Sekundarstufen I und II statt. Unterstützt wurde die Tagung vom Bund evangelischer Religionslehrerinnen und -lehrer an den Gymnasien und Gesamtschulen in Westfalen und Lippe und den Schulreferaten der EKvW.
Mit knapp 50 teilnehmenden Religionslehrer*innen unterschiedlicher Schulformen stieß das Angebot auf eine breite Resonanz.
Verschwörungserzählungen sind kein üblicher Unterrichtsgegenstand. Dennoch bedienen sie menschliche Grundbedürfnisse und finden sich auch in den Köpfen vieler Schüler*innen, ihrer Erziehungsberechtigten und manchmal auch im Kollegium. Gerade in „unübersichtlichen Zeiten“, bei Erfahrungen von Sinnlosigkeit und Ohnmacht und einer augenscheinlich immer komplexer werdenden Welt, scheint von ihnen das Versprechen auszugehen, durch sie Orientierung und einfache Antworten zu finden. Für den Religionsunterricht, in dem Fragen nach Sinn und Orientierung ganz wesentlich im Mittelpunkt stehen, stellen sie daher eine besondere Anfrage dar.
In einem Vortrag informierte Andrew Schäfer, Landespfarrer für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche im Rheinland, die Teilnehmenden über das Wesen von Verschwörungsideologien, ihre geschichtlichen Hintergründe, zentrale Merkmale von Verschwörungsmentalitäten sowie Strategien zum Umgang mit Verschwörungsgläubigen.
Nach dem Auftaktvortrag standen den Teilnehmenden verschiedene Workshopangebote zur Auswahl, in denen sie unterschiedliche Facetten des Themas vertiefen und sich mit praxisnahen Impulsen für den Unterricht und das Schulleben auseinandersetzen konnten:
Mit Andrew Schäfer konnten die Teilnehmenden über Aufklärungs- und Präventionsarbeit an Schulen ins Gespräch kommen, mit Frank Behr (Schulreferat der Kirchenkreise Hattingen-Witten und Schwelm) darüber nachdenken, wie der Religionsunterricht jungen Menschen helfen kann, angesichts von Klimawandel, Krieg und Ungerechtigkeit eine resiliente und hoffnungsvolle Haltung zu entwickeln, mit Burkhardt Nolte (Schulreferat Kirchenkreis Paderborn) Methoden zu einer rassismus- und diskriminierungskritischen Unterrichtsgestaltung kennenlernen und mit Katja Saamer (Schulreferat Kirchenkreis Unna) in die Methode des Bibliologs eintauchen.
Ein besonderes Highlight des ersten Veranstaltungstages war der Gesprächsabend „Auf ein Wort“. In einem informellen Setting nahm sich Ulf Schlüter, theologischer Vizepräsident und „kommissarische Präses“ der EKvW, Zeit, um mit den anwesenden Religionslehrer*innen über derzeitige Entwicklungen der Landeskirche und Fragen der religiösen Bildung ins Gespräch zu kommen. Viele Teilnehmende nutzten ihre Chance zu persönlichen An- und Rückfragen, sodass ein angeregter Austausch entstand.
Der zweite Veranstaltungstag widmete sich der kritischen Reflexion häufig verwendeter biblischer Bilder und Erzählungen, die unreflektiert zu antisemitischen Verschwörungsnarrativen beitragen können.
Prof. em. Katharina von Kellenbach, PhD, entfaltete, wie biblische Tradition ohne klischeehafte Stereotype von „bösen Pharisäern“, „Gesetz und Gnade“ oder „Alt und Neu“ vermittelt werden kann.
Besonders in der Traditionsgeschichte der Passionsgeschichte manifestieren sich antisemitische Vorurteile, die historisch gewachsen und bis heute in Schulbüchern, an Kirchenwänden und in gesellschaftlichen Denkmustern verankert sind. Die Teilnehmenden hatten die Gelegenheit, sich in Kleingruppen mit diesen Erzählungen auseinanderzusetzen und eine Bildstörung (vgl. Bildstörungen – Evangelische Akademie zu Berlin)zu erarbeiten, die zu einer Theologie des Respekts beiträgt.
Nach vielfältigen und spannenden Impulsen, einem wertvollen kollegialen Austausch und einem konstruktiven und bereichernden Miteinander im Rahmen der Jahrestagung Evangelische Religionslehre in der Sekundarstufen I und II 2025, dürfen sich alle interessierten Kolleg*innen schon jetzt auf die Jahrestagung 2026 zum Thema „Religionsunterricht in der digitalisierten Welt“ (12. bis 13.02.2026), die Herbsttagung des Bundes zum Thema „Die Täufer – 500 Jahre Täuferbewegung“ (30.09. bis 01.10.2025) und viele weitere aktuelle Veranstaltungen des Pädagogischen Instituts und der Schulreferate freuen (siehe Veranstaltungsdatenbank).