Ein Impuls, verfasst Anfang März 2025
Astrid Lindgren, die Schöpferin von Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Kalle Blomquist und den Ferien auf Saltkrokan hat mir einen fröhlichen „Sound“ in meine Kindheit eingetragen. Danke dafür! Umso erstaunter war ich, als ich ihr Tagebuch aus den Zeiten des zweiten Weltkriegs las. Der Titel „Die Menschheit hat den Verstand verloren“ hat mich angefasst. So, als ob sie eine Analyse der Jetzt-Zeit anbieten würde.
Ja, die Jetzt-Zeit… In den ersten Januartagen 2025 war es noch scheinbar ruhig. Noch vor der Amtsübernahme von Trump, noch vor der Bundestagswahl in Februar, noch vor…, Trump wird doch nicht... Jedes Mal begleitete Hoffnung die Ereignisse. „Sie werden doch wohl nicht…“. Aber leider zerbröselten die Hoffnungen im Fortgang des Frühjahrs wie ein Keks im Tee – ein trister Gefühlsmatsch, Angst und viele Fragen. Und die Befürchtung, dass die „Menschheit den Verstand verloren hat“, schon wieder und diesmal endgültig.
Aber: So will ich die Stimmung nicht lassen. Im Frühjahr ist Pflanzzeit, das Leben bricht sich Bahn! Die Menschheit verliert den Verstand, aber trotzdem geht’s in den Garten. Dort angekommen, denke ich an Luthers Spruch vom Apfelbäumchen der angesichts des Weltuntergangs gepflanzt wird. Und genauso machte es unser Sohn, der kurz vor der Bundestagswahl einen Aprikosenbaum in unseren Vorgarten pflanzte. Aprikose, in Westfalen, „geht das denn“ wurde gezweifelt. „Ja, geht, Klimawandel lässt grüßen“, wurde ich belehrt. Und nun steht er da, der kleine Baum und verbreitet Hoffnung. Ob Luther Aprikosen kannte?
Und dann kam es Schlag auf Schlag: Freunde, die sich zum „Weltverbessern“ trafen und überlegten, was nun zu tun sei, Hinweise auf den sehr schnellen Wandel in der Stromversorgung unseres Landes zu grünem Strom hin, Plattformen im Netz, die von lokalen Akteuren der Gemeinwohlökonomie erzählen, die „No-Buy-Challenge“, die den Konsum runterfährt, deutsche und europäische Alternativen zu den Social-Media-Plattformen und Messengern (Ist schon jemand auf „Ginlo“?). Und, erstaunlich, wenn man sich die Entwicklung der Tesla-Aktie im Frühjahr anschaut; ein Schelm, der…. Da läuft so viel, wenn man die „innere Brille“ putzt und wagt, hinzuschauen. Geht doch!
Und dann gibt es auch noch Gottesdienste, in denen Menschen aufrecht und persönlich von Gottes Haltung zu uns Menschen erzählen, wie kürzlich anhand des Jeremia-Verses:
„Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung. Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten, und ich will euch erhören.“ (Jer 29,11)
Das begleitet mich seitdem. Es tröstet, es baut auf, es festigt mich. Die Angst wird zurückgedrängt, es gibt wieder Energie, um vom eigenen Wohlergehen weg auf den anderen Menschen zu sehen. In unsicheren Zeiten zu wissen, wie Gott zu den Menschen stand, das ist wie ein tiefwurzelnder Baum, wie das stärkste Kind der Welt, allem Niederdrückenden fröhlich trotzend. Und es weckt vielleicht, hoffentlich die kreative Widerstandskraft eines Michel aus Lönneberga in mir, in uns!
Und nun? Auf zum nächsten Gartenmarkt, Apfelbäume holen und pflanzen. Und dann im Schatten der Bäume „Pippi Langstrumpf“ lesen. Und zusammen mit anderen Menschen das Lied vom Seeräuberkäpt'n Fabian singen, wie ging das nochmal…
Herzlichst,
Wolfram Bensberg
Schulseelsorge im PI Villigst
Dozent, Pfarrer
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